69. Berlinale | Wettbewerb - "Öndög"
Der mongolische Wettbewerbsbeitrag "Öndog" führt in die mongolische Steppe. In der einsamen Landschaft, die hier mehr ist als Kulisse, treffen ein junger Polizist und eine einheimische Hirtin aufeinander.
Am späten Abend lief mit "Öndög" der erste von insgesamt drei Wettbewerbsfilmen aus China. Auch Quan’an Wang gehört zu den Stammgästen des Festivals, war bereits in Forum, Panorama und Wettbewerb vertreten, wo er 2007 für "Tuyas Hochzeit" mit dem goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Auch "Öndög" spielt wieder in der Mongolei und beginnt mit einer hypnotischen, nächtlichen Fahrt durch die mongolische Steppe, mit Bildern die einen ganz eigenartigen Sog entwickeln. Der Weg ist nur durch Autoscheinwerfer beleuchtet.
Im Off unterhalten sich unsichtbar mehrere Männer, plötzlich verstummt das laute Palaver, als das Auto vor dem leblosen Körper einer nackten Frau zum Stehen kommt. Jetzt könnte ein Krimi beginnen, mit der Suche nach dem Täter und der Todesursache, doch die Natur und ihre Schauspiele scheinen sich gegen eine zielstrebige Dramaturgie zu sperren. Die Leiche bleibt erst mal liegen, bewacht von einem jungen Polizisten, der gegen die Langeweile und die Kälte antanzt, zum Beispiel zu "Love me Tender" von Elvis. Irgendwann kommt eine alleinlebende Nomadin vorbei, es entwickelt sich so etwas wie ein Liebesgeschichte, die sich aber auch wieder zerstreut.
Eine wehmütige Hommage
Seinen ersten Film nach acht Jahren Pause hat Quan’an Wang weitgehend der Wirklichkeit abgelauscht. Es gab kein Drehbuch, sondern nur die Idee, dass ein Polizist eine Leiche findet, und eine Nomadin alleine in einer Jurte lebt und Schaf- und Rinderherden hütet. Die Darsteller wurden erst zwei Wochen vor dem Dreh besetzt, und haben viel von ihrem eigenen Leben in den Film einfließen lassen. Gedreht wurde auf fast dokumentarische Weise, wenn eine Kuh kalbt, dann wurde die Geburt zum Teil der Filmgeschichte, ebenso wie ein den Himmel durchkreuzendes Flugzeug und ein voller Mond, der hinter den Wolken hervorkommt. Der Kameramann Aymerick Pilarski hat diese endlose Weite der Landschaften, in der die Menschen winzig aussehen, in magischen Cinemascope-Bildern eingefangen.
"Öndög" ist eine wehmütige Hommage an die bedrohte Lebensweise der mongolischen Nomaden, an ein Leben im Einklang mit der Natur, das vom Aussterben bedroht ist, wie einst die Dinosaurier, deren fossilierte Eier dem Film seinen Titel gegeben haben. Nur gegen Ende fransen die lose gesammelten, wahren Geschichten immer mehr aus.
Anke Sterneborg, kulturradio