Nikolaus Matthes: Markuspassion © resonando
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Nach dem Text von Picander - Nikolaus Matthes: Markuspassion

Bewertung:

Eine Kritik von Bernhard Schrammek

Viele Bach-Interpreten und -Enthusiasten würden wohl all ihren Besitz gegen die Partitur der Markus-Passion eintauschen, die Johann Sebastian Bach vermutlich 1731 als Leipziger Thomaskantor auf ein Libretto von Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, komponiert hat. Doch von dieser dritten Passionsmusik Bachs ist nur der Text, aber kein Ton erhalten; heutige Rekonstruktionen gehen von Parodiebeziehungen, vor allem zur "Trauerode" von 1727 aus.

Der Dirigent und Komponist Nikolaus Matthes wollte sich damit nicht zufriedengeben und hat eine komplette Neuvertonung des Picander-Librettos angefertigt. Dieses riskante und aufwändige Unternehmen gelingt ihm erstaunlich gut: Matthes orientiert sich klar an Bach, instrumentiert üppig, hält sich eng an das vertonte Wort und setzt barocke Affekte raffiniert ein.

Für das Phantomwerk ist das eine in sich schlüssige neue Lösung, zumal in dieser sehr guten Live-Interpretation. Allerdings schießt Matthes vor allem harmonisch allzu oft über den Bach-Rahmen hinaus, was sich als drastischer Effekt auf die Dauer abnutzt.

Fazit: Matthes schafft eine Passionsmusik mit vielen bewegenden Momenten, dennoch bleibt Bach unkopierbar.

Bernhard Schrammek, rbbKultur