Weintrauben und Granatäpfel © imago-images.de
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Mit Linsen, Trauben und Granatäpfeln ins neue Jahr - Silvesterrituale am Tisch

Es mag an diesem Jahresende besonders zwingend erscheinen, sich ein besseres neues Jahr zu wünschen. Aber unzählige Sitten und Rituale, die mit Silvester verbunden sind – darunter auch kulinarische – zeigen, dass Menschen seit jeher das alte Jahr mit der Hoffnung verabschieden, das kommende sei viel, viel besser. Ob mit Linsen oder Augenbohnen, mit Trauben oder Granatäpfeln: überall in der Welt gibt es Rezepte, mit denen das neue Jahr begrüßt wird, und aus denen sich ein Silvestermenü zusammenstellen lässt.

Die Sitte, Silvester zu feiern, hat mittlerweile eine lange Tradition: Der Beginn des neuen Jahres fällt seit 46 v.C. auf den 1. Januar - sprich nach Einführung des julianischen Kalenders seitens des römischen Kaisers Julius Caesar. Aber auch vorher, als das Neujahr auf den 1. März fiel, gab es zahlreiche Rituale, um sich für das neue Jahr die Gunst von Göttern, Ahnen und Geistern zu sichern.

Jede Linse eine Münze

Ein Klassiker, der sich noch bis heute behauptet hat, sind Linsen: Ob geschenkt, als Packung im traditionellen Weihnachtskorb oder gegessen, als Eintopf oder Salat, sind sie in Italien zu Silvester unverzichtbar. Schon im alten Rom standen Linsen für Reichtum und Wohlstand, wahrscheinlich weil sie in Säckchen geschenkt wurden, die ähnlich wie Geldbörsen aussahen.

Linsen zu Silvester sollen für viel Geld im neuen Jahr sorgen. Ungeachtet, ob sich der Wunsch je erfüllt hat, halten die meisten noch heute fleißig an diesem uralten Ritual fest. In Norditalien wird zum Linseneintopf Zampone oder Cotechino serviert, eine meist vorgekochte, sehr stark gewürzte Wurstspezialität, vorwiegend aus weichgegarter Schweineschwarte. Da sich heutzutage kaum jemand dafür begeistern lässt, sollte man lieber eine andere Zutat wählen, zum Beispiel Salsiccia, die direkt im Linseneintopf gegart wird. Für eine vegetarische Varianten eignen sich Pilze hervorragend.

Black Eyed Peas © imago-images.deBlack Eyed Peas

Schwarzäugige Glücksbringer

In den Südstaaten der USA erfüllen eher Bohnen die Funktion, Wohlstand im neuen Jahr zu bringen, insbesondere die schwarzäugigen "Black Eyed Peas". Diese Würdigung hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Bohnen, ähnlich wie Linsen, als anspruchslose und ewig haltbare Proteinquelle auch in schwierigen Zeiten das Überleben der armen Bevölkerung sicherten.

"Hoppin‘ John", ein traditionelles Gericht aus Reis und Bohnen aus der Küche der afrikanischen Sklaven, die auf den Plantagen arbeiteten, ist heute ein typisches New Year‘s Eve-Gericht der Cajun-Küche, allerdings mit Schweinefleisch und Speck angereichert. In anderen Ländern wird Reichtum ohne Umwege direkt mit Geld dargestellt. Im Teig des griechischen Vassilopitas, einem Kuchen aus Hefe- oder Mürbeteig, liegt eine Münze versteckt: Diese soll demjenigen, der das Stück mit der Münze erwischt, im neuen Jahr einen Geldregen bringen.

Traubenessen im Glockentakt

Trauben wiederum, wie in Spanien um Mitternacht gegessen, im Takt mit den 12 Glockenturmschlägen, sollen Wohlstand in allen 12 Monaten des kommenden Jahres sichern.

Der Granatapfel stand schon im Alten Griechenland für Schönheit und Fruchtbarkeit. Auf den Boden geworfen, anhand der Zahl der Kerne, die sich aus der gebrochenen Frucht getrennt haben, erkunden Menschen auch im modernen Griechenland, wie es um Reichtum und Wohlstand im neuen Jahr steht. Und 13 verschiedene Sorten Trockenfrüchte auf dem Neujahrstisch sollen in Frankreich Glück und Reichtum sichern.

Buddhas Hand, asiat. Zitrusfrucht © imageBROKER / dpaBuddhas Hand

Glück aus Buddhas Hand

Der Wunsch nach einem langen Leben kann bei allen Gedanken zum neuen Jahr nicht fehlen: Buddhas Hand, eine handförmige Zitrusfrucht mit vielen langen Fingern, symbolisiert in China und Japan seit jeher Glück, Zufriedenheit und ein langes, gesundes Leben. Diese Frucht ist in China ein traditionelles Neujahrsgeschenk - allerdings wird das chinesische neue Jahr erst in Februar gefeiert.

In Estland soll das neue Jahr vor allem viel Kraft bringen: Am 1. Januar sieben Mahlzeiten zu sich nehmen bedeutet, das ganze Jahr über so stark wie sieben Muskelmänner zu sein. Unbewusst machen es aber ihnen die meisten nach, zumindest zu Silvester: Gegessen wird viel, unabhängig davon, welche Neujahrrituale man damit würdigt. Da es oft ein langer, lebhafter Abend wird, ohne viel Zeit fürs komplizierte Anrichten, sorgen im Vorfeld zubereitete Gerichte wie Eintöpfe, Linsensalate, Trauben, gefüllte Datteln und bereits portionierte Desserts dafür, dass niemand in die Küche verbannt wird, während die Gäste feiern, und bringen so auch den Gastgebenden einen entspannten Start ins neue Jahr.

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

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