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Gesund, schnell zubereitet & äußerst beliebt - Die Süßkartoffel

Wie jedes Jahr meldet sich in diesen Monaten bei vielen von uns der gute Vorsatz zurück, gesünder zu essen. Ob Hafer, Avocado, Gurke oder Grünkohl: bestimmte Lebensmittel werden immer wieder als vermeintliches "Superfood" gepriesen. Süßkartoffeln sind allerdings selten dabei, obwohl sie vor Vitaminen und Mineralien protzen. Die Vorsilbe "süß" täuscht womöglich darüber hinweg, dass sie kalorienarm sind, dafür reich an Ballaststoffen und mit ihrem niedrigen glykämischen Index eignen sich viel besser für Diäten als Kartoffeln selbst. Sie bringen Farbe und Geschmack in herzhafte Gerichte, in Salate, Rohkost und sogar in Desserts.

Wahrscheinlich war die Urkartoffel eine Süßkartoffel: dafür sprechen archäologische Funde aus Peru. Auf den Hochebenen der Anden sollen sich die Menschen schon 8.000 Jahren v. Chr. von süßen Knollen ernährt haben. Jedenfalls war diese die erste Kartoffel, von der Christoph Kolumbus berichtete. Er zeigte sich von dieser Wurzel sehr beeindruckt, die ihm in verschiedene Sorten auf einigen Inseln der Antillen aufgetischt worden war.

Mit Kolumbus' Rückkehr kam die Knollenwurzel nach Europa und verbreitete sich rasch in Spanien und Südeuropa, wo sie zunächst als Delikatesse galt und mit Marzipan verglichen wurde.

Aphrodisische Süße

Aus dem Wort der Einheimischen für Süßkartoffel "Batata" stammt der englische Name "potato" so wie der spanische und italienische Name "patata", während in Südamerika das Quechua-Wort "Papa" noch heute alle Kartoffeln bezeichnet. Shakespeares Trunkbold Falstaff umgarnt in der Komödie "Die lustigen Weiber von Windsor" eine Mätresse mit dem Wunsch, es mögen für sie Kartoffeln vom Himmel fallen. Da diese als Aphrodisiakum dienen sollten, ist davon auszugehen, dass damit Süßkartoffeln gemeint waren.

Knollen erobern die Welt

Britische Händler überführten die Süßkartoffel in den Süden der USA, Seefahren brachten sie aus Peru nach Polynesien und freigelassene afrikanische Sklaven von Amerika nach Afrika. Heute wird sie in fast allen wärmeren Ländern der Tropen, Subtropen und gemäßigten Zonen der Erde angebaut.

Mit ihrem hohen Gehalt als Stärke ist sie für viele Menschen ein wichtiges Grundnahrungsmittel - vor allem in asiatischen und afrikanischen Ländern. In Nordeuropa waren Süßkartoffel unbekannt, bis sie als Importware auftauchten. Heute werden sogar in der Schweiz und in Süddeutschland robuste Sorten kultiviert, als regionales Gemüse für die immer mehr gefragte pflanzenbasierte Küche.

Ähnlich, aber nicht verwandt

Kurioserweise wurde selbst in den Anbauländern in Südeuropa immer die herkömmliche Kartoffel bevorzugt - womöglich, weil diese ertragreicher und weniger anfällig für Krankheiten ist als die Süßkartoffel. Etabliert hat sich diese fast nur in der spanischen Küche. In den USA gehört sie traditionell zum Thanksgiving-Essen und in viele Südstaatenrezepte.

Herkunft, Aussehen und Verwendung der beiden Knollen mögen ähnlich sein, aber sonst haben die beiden Sorten botanisch kaum etwas gemeinsam: sie sind nicht einmal verwandt. Während Kartoffeln den Nachtschattengewächsen angehören, gehört die Süßkartoffel der Gattung der sogenannten Prunkwinden an. Anders als bei herkömmlichen Kartoffeln sind bei der "Batate" die Blätter essbar. Mit Spinat vergleichbar, sind sie eine wichtige Zutat vieler afrikanischen Küchen. Die Knollenwurzel kann sogar roh gegessen werden, z.B. geraspelt, als Rohkost in Salaten - allerdings in Maße, da sie Oxalsäure enthält.

Ideale Diätkartoffel

Verglichen zur herkömmlichen Kartoffel enthält sie mehr Stärke, mehr Ballaststoffe und drei Mal so viel Zucker, dennoch lässt sie den Blutzuckerspiegel nur sehr langsam steigen. Außerdem ist sie viel reicher an Mineralstoffen und Vitaminen und die orangene Farbe weist auf den hohen Gehalt von Betacarotin.

Einen entscheidenden Vorteil bringt die Tatsache, dass die Süßkartoffel viel schneller gar ist: Im Ofen sind ganze Knollen je nach Größe in ca. 40 - 60 Minuten gar, dick geschnittene Scheiben brauchen in der Pfanne maximal 10 - 20 Minuten. Dünne Scheiben können sogar im Toaster gegart werden. Somit sind die süßen Knollen eine ideale Zutat für die schnelle Küche. Zur zarten, nussigen Süße des organgenen Fruchtfleisches passen hervorragend die Schärfe von Chili und Ingwer und die fruchtige Note von Zitronen- oder Limettenschale.

Vielfältig und schnell fertig

Mit Olivenöl bestrichen und mit Chiliflocke und Rosmarin bestreut, sind im Ofen gebackene Ecken eine gute Ergänzung für Salate und Bowls - zum Beispiel zusammen mit gebratenen Austernpilzen und gegrilltem Käse. Ein aromatisiertes Süßkartoffelpüree eignet sich für Beilagen und Füllungen aller Art - von Wan Tan bis zu gebackenen Filoteig-Ecken und Süßkartoffel-Tarte. In der koreanischen Küche sind Süßkartoffeln die Zutat für beliebte Glasnudeln, in Japan für die Süßspeise Imo Yokan.

Auch bei uns werden Süßkartoffeln immer mehr auch als Zutat für Desserts verwendet, wenn es darum geht, Zucker mit der natürlichen Süße von Obst und Gemüse zu ersetzen, wie im Neuköllner Zwei-Sterne-Restaurant "Coda", das ausschließlich Desserts anbietet. Hier trifft die Süßkartoffel gelegentlich auch auf Shiitakepilze oder ist Grundlage für ein Küchlein, das statt mit Butter mit Rindermark gebacken wurde: Avantgardistische Kreationen, die wir zunächst den Fortgeschrittenen überlassen sollten.

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

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