Pierre Genisson: Mozart 1791 © Erato
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Album der Woche | 13.11. - 19.11.2023 - Pierre Génisson: Mozart 1791

Der 37 Jahre alte Klarinettist Pierre Génisson ist hierzulande noch nicht sehr bekannt – selbst wenn er in seiner französischen Heimat schon bei diversen CD-Aufnahmen mitwirkte. Dies könnte sich nun ändern, denn zusammen mit dem bekannten Originalklangorchester Concerto Köln hat er ein interessantes Album mit populären Melodien von Wolfgang Amadeus Mozart herausgebracht.

Der Titel "Mozart 1791" umreißt den Inhalt des Albums, denn fast alle Stücke darauf stammen aus Mozarts letztem Lebensabschnitt. Im Zentrum steht natürlich das berühmte Klarinettenkonzert, für dessen Aufnahme die Pariser Firma Buffet Crampon eigens eine Bassettklarinette entwickelte. Ziel dieses Prototyps war es, einen möglichst "historischen" Klang mit moderner Klarinettentechnik zu vereinen.

Wagnis

Denn das Zusammentreffen des Solisten mit Concerto Köln war durchaus eine Herausforderung. Génisson ist im Gegensatz zu den Kölnern nicht in der Alten Musik zuhause und musste sich auf den für ihre Klassikaufnahmen üblichen Stimmton von 430 Hertz einlassen. In den unterschiedlichen Stücken des Albums kommen vier verschiedene Klarinetteninstrumente zum Einsatz, alle neu von der renommierten französischen Klarinettenbaufirma hergestellt.

Wunschverbindung

Der Solist hatte sich die Kooperation mit dem Kölner Orchester gewünscht, und dann kam noch der junge Berliner Dirigent Jakob Lehmann hinzu. Beide trafen im Vorfeld der Aufnahmen erstmals zusammen, und für Lehmann war auch die Leitung von Concerto Köln eine Premiere. Im Nachhinein schätzt er das Orchester als "idealen Klangkörper" für das Umsetzen seiner klanglichen Ideen und Experimente ein. Und auch über Pierre Génisson kann er nur Gutes berichten. Man sei sich auf Augenhöhe begegnet und der Klarinettist sei nicht nur offen für alle Interpretations-Anregungen, sondern in der Zusammenarbeit auch in schwierigen Situationen immer überaus positiv eingestellt gewesen.

Harmonie

Die gute zwischenmenschliche Chemie bei den Aufnahmen spiegelt sich im klanglichen Ergebnis wider. Solist und Orchester agieren in schöner Harmonie, der Solist gefällt mit einem warmen, schlackenlosen Ton, zugleich mangelt es ihm aber auch nicht an der nötigen Virtuosität. Das Orchester stellt sich selbstbewusst neben Génisson, wobei Jakob Lehmann es gezielt mit einer etwas "romantischeren" Strichtechnik operieren ließ als dies in der barocken historischen Aufführungspraxis üblich ist.

Arien

Ein besonderes Highlight des Albums stellen für Lehmann die beiden von Bassettklarinette bzw. Bassetthorn begleiteten Arien aus Mozarts letzter Oper "La clemenza di Tito" mit der Mezzosopranistin Karin Deshayes dar. Diese erweitert die Aufnahme hier um einen beträchtlichen dramatischen Akzent. In drei weiteren Arien aus den Opern "Le nozze di Figaro" und "Così fan tutte" führt Pierre Génisson die Singstimme instrumental aus und beweist seinen klanglichen Reichtum.

Mehrspur

Abgerundet wird das Ganze durch zwei Tracks, die im Mehrspurverfahren produziert wurden. Im Terzett "Soave sia il vento" aus dem ersten Akt von "Così fan tutte" gibt Génisson die Gesangslinien mit zwei Klarinetten und Bassetthorn wieder. Und der Schluss des Albums "Mozart 1791" wartet dann mit einer ganz neuen Wendung auf. Passend zum Titel endet es mit dem "Lacrimosa", dem letzten vollendeten Satz aus Mozarts Requiem. Der wird aber nicht mit Orchester präsentiert, sondern nur vom Arrangeur Bruno Fontaine zusammen mit Génisson. Der Klarinettist mag zwar im dazu gehörigen Werbevideo ein wenig selbstverliebt wirken. In jedem Fall aber lässt die Kombination von Klarinette, Bassetthorn, Orgel sowie dem E-Piano Fender Rhodes aufhorchen.

Rainer Baumgärtner, rbbKultur