Fotografiska: Fotografiska: Zeitgenössisches Museum für Fotografie, Kunst und Kultur in der Oranienburger Str. in Berlin © Jens Kalaene/dpa
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Eröffnung am 14. September - Fotografiska: Zeitgenössisches Museum für Fotografie, Kunst und Kultur

"Im Herzen Berlins wächst ein außergewöhnlicher Ort. Für Wohnen, Arbeiten und Einkaufen auf höchstem Niveau. Für eine Bereicherung der Stadt mit Kunst und Kultur." So wird das "spannendste städtebauliche Projekt" Berlins beworben: Das Quartier, das die Schweizer Architekturfirma Herzog & de Meuron auf dem Areal rund um das ehemalige Kunsthaus Tacheles in Mitte errichtet hat. Auch das Tacheles selbst ist saniert worden und wird künftig ein zeitgenössisches Museum für Fotografie, Kunst und Kultur beherbergen: Fotografiska.

Die mit Graffiti bedeckten Flure und Treppenhäuser sind geblieben, der Rest ist wie neu. Fotografiska, ein Ausstellungsunternehmen aus Stockholm mit weiteren Standorten in New York, Talinn und demnächst auch in Shanghai, füllt das gesamte alte Tacheles: 5.500 Quadratmeter, davon 1.100 Quadratmeter Ausstelllungsfläche.

Kein Museum, viel Gastronomie

Ohne eigene Sammlung ist Fotografiska allerdings weniger ein Museum, als vielmehr ein Ausstellungshaus. Der größte Teil des Gebäudes, das ausdrücklich kulturell genutzt werden soll, dient kommerziellen Zwecken. Es gibt ein Cafè und eine eigene Bäckerei im Erdgeschoss, einen Shop für Fotobücher, Plakate und ausgewählte Designobjekte, ein Restaurant soll eröffnen und eine Bar ganz oben, mit Blick über die Dächer von Berlin. Der alte Theatersaal steht für Konzerte, Performances oder sonstige Veranstaltungen auch zur Miete zur Verfügung. Die zweifellos großen Investitionen müssen wieder erwirtschaftet werden.

Vor allem divers

Mischkalkulation herrscht auch beim Ausstellungsprogramm. Zum Auftakt gibt es drei sehr verschiedene Präsentationen. Mit Candice Breitz, der in Berlin lebenden Südafrikanerin, wird eine international bekannte Künstlerin gezeigt. In ihrer Ausstellung "Whiteface" setzt sie sich mit weißem Alltagsrassismus auseinander – von offensichtlich bis hin zu verräterisch gutmenschlichen Aussagen à la "einige meiner besten Freunde sind schwarz": Sätze, die sie Massenmedien entnommen hat und in kurzen Clips selbst spricht. Dazu gibt Breitz vor der Videokamera verschiedene Typen – alle sehr weiß, im weißen Hemd und mit verschiedenen weißblonden Perücken.

In einer weiteren Ausstellung werden Bilder und installative Arbeiten von Juliana Huxtable präsentiert, einer schwarzen Transfrau, die auch als DJ, Model und Performerin arbeitet. Und schließlich widmet sich eine Gruppenausstellung dem klassischen Thema Aktfotografie, wobei so ziemlich alle derzeit virulenten Diskurspunkte angesteuert werden: Geschlecht, Rasse bzw. "Rassifizierung" oder die Infragestellung herkömmlicher Schönheitsideale. Das Anliegen und das Bedürfnis, nach derzeitigem Stand alles "richtig" zu machen überwiegt - und stellt teilweise auch die künstlerische Originalität in den Schatten.

Fotografie als Ausgangspunkt

Fotografiska Berlin folgt demselben Konzept wie die übrigen "Filialen". Manche Ausstellungen touren von einem Standort zum nächsten, andere sind ganz auf den jeweiligen Ort zugeschnitten. Begleitende Veranstaltungen sollen die örtliche Community einbeziehen. Man will also nicht nur Touristen ansprechen, die an diesen Ort, in dieses sehr spezielle Gebäude zweifellos in Scharen kommen, sondern auch Kunst- und Fotografie-Interessierte.

Allerdings steht nicht "Fotografie pur" im Zentrum des Ausstellungsprogramm. Vielmehr dient das Medium insbesondere als Ausgangspunkt für Werke unterschiedlichster Art – von Malerei über Video bis Installation.

Der "Hip"-Faktor ist hoch. Erreichen will man damit auch die örtliche Queer-Community, People of Colour: Unterrepräsentierte gesellschaftliche Gruppen – jedenfalls, wenn man von den Künsten absieht. Denn da entspricht dieses Programm gerade aufs Schönste dem Mainstream.

Silke Hennig, rbbKultur

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