Sambal Olek im Glas © imago-images.de
Bild: imago-images.de

Mild bis beißend – Schärfe für jeden Geschmack - Sommer fürs ganze Jahr: Paprika- und Chilipulver, Saucen und Chutneys

Paprika und Chilis schmecken und sehen oft so aus, als hätten sie die Kraft der Sonne gespeichert. Dabei werden Gemüsepaprikas sowohl hier als auch im Süden meist in Gewächshäusern und Folientunneln gezüchtet, anders als Gewürzpaprika, die in warmen Ländern im Freiland wachsen. Daraus werden seit Jahrhunderten fruchtig-scharfe Spezialitäten hergestellt, die diese Geschmacksfülle für das ganze Jahr verfügbar machen, wie Rosenpaprika, Cayennepfeffer und Piment d’Espellette oder auch die Saucen Ajvar, Harissa, Tabasco und Sambal Oelek. Um das sommerliche Aroma dieser Früchte einzufangen, eignen sich aber auch hausgemachte Chutneys und Konfitüren.

Es ist heute undenkbar, kein Chiligewürz im Schrank oder im Kühlschrank zu haben. Die milde bis beißende Schärfe verleiht jedem Gericht einen fruchtigen, aromatischen, manchmal sogar rauchigen Touch. Dabei ist die Reaktion der Europäer auf die Paprika aus Amerika am Anfang sehr verhalten gefallen. Bei ihrer Rückkehr aus Amerika hatten Kolumbus und seine Leute 1493 Cayennepfeffer mitgebracht, eine der vielen Chilisorten, die seit Jahrtausenden in Mittel- und Südamerika angebaut wurde.

Kolumbus dachte, die Chilischoten könnten den viel teureren Pfeffer aus dem Orient ersetzen, aber die Begeisterung am spanischen Königshof hielt sich in Grenzen: Cayennepfeffer war dem pfeffergewöhnten Adeligen viel zu scharf. Da er im warmen Mittelmeerklima unkompliziert gedeihen konnte, wurde er mit der Zeit immerhin zu einer beliebten Zutat der Armenküche.

Chili, getrocknet © imago-images.de
Bild: imago-images.de

Von Mittelamerika bis nach Asien

Portugiesische Händler brachten daraufhin Chili nach Indien mit. Von der kolonisierten Westküste verbreitete sich das scharfe Gewürz auf dem ganzen Subkontinent, erreichte entlang der Seidenstraße China und etablierte sich bald in den Küchen Südostasiens.

Edelsüßes Paprikapulver, das wir mit mitteleuropäischen Spezialitäten wie Goulasch verbinden, kam während der türkischen Besetzung im 16. Jahrhundert nach Ungarn. Paprika wurde schon damals nur von den Herrschern angebaut, den Untertanen war dies strengstens verboten. Es war aber unvermeidlich, dass einige Pflanzen heimlich entwendet wurden.

Dennoch fand Paprika erst viel später, im 19. Jahrhundert, Einzug in die gehobene ungarische Küche und bald auch in die französische: Der berühmte Koch Auguste Escoffier bekam Paprika 1879 von einem ungarischen Koch aus Szeged nach Monte-Carlo zugeschickt. Escoffier kreierte daraufhin Gerichte wie "Poulet au Paprika" (Paprikahuhn), "Gulyas Hongroise" (Gulasch) und schmeckte damit Ratatouille ab.

Habanero © imago-images.de
Bild: imago-images.de

Außen das Aroma, innen die Schärfe

Die Anbaubedingungen für das "rote Gold" Ungarns sind in den Gegenden um Szegen und Kalocsa bestens geeignet: Dort werden die Gewürzpaprikafrüchte seit jeher von Kleinbauern angebaut, getrocknet und zu Pulver gemahlen. Kein Zufall, dass eine rote Paprika die Frucht war, an der in Ungarn Vitamin C entdeckt wurde: Dies brachte dem Chemiker Albert Szent-Györgyi 1937 den Nobelpreis. Die medizinischen Tugenden von Paprika und Chili, bereits bei den amerikanischen Ureinwohnern bekannt, haben aber vielmehr mit ihrer Schärfe zu tun, die die Durchblutung anregt. ABC-Pflaster sind nur eins der vielen Produkte, in denen der Wirkstoff Capsaicin medizinisch zur Geltung kommt.

Auch für die Kommerzialisierung von Paprika- und Chilipulver ist ein stabiler Schärfegrad sehr wichtig: Sie wird in Scoville-Einheiten gemessen. Sie unterscheidet sich je nach Sorten, wobei die Anbauregion, die klimatischen Bedingungen und der Boden auch eine Rolle spielen. Aus der süßen Gemüsepaprika wurde jegliche Schärfe herausgezüchtet, sie bringt es nur auf 7 - 8 Scoville-Einheiten. Sehr scharfe Sorten, die man zum Würzen benutzt, sind Jalapeno, Tabasco, Thai-Chili, Habanero und die noch schärfere Cayenne: diese erreicht 30.000 - 50.000 Scoville Einheiten.

Da die meiste Schärfe im Inneren der Schoten sitzt, bestimmen bei pulverisiertem Paprika die Auswahl der Sorten und die Zusammensetzung der verwendeten Pflanzenteile (Fruchtfleisch, Scheidewände und Samenkörner), wie mild oder wie scharf das Produkt wird. Für 100 Gramm getrocknetes Paprikapulver wird in der Regel ca. ein Kilogramm frische Gewürzpaprika gebraucht.

Sonne für die Winterküche

In einigen Regionen, z.B. in Mexiko und in der süditalienischen Basilikata, werden getrocknete Paprikastreifen im Öl angebraten und als Zutat in den Topf gegeben, um mit ihrem Aroma die Speisen zu veredeln. Für Mexikos berühmtes Gericht Mole Poblano treffen vier verschiedene Chilisorten auf bittere Schokolade, in der Basilikata werden die gebratenen, mild-würzigen Schoten zum Spiegelei oder zur Pasta gegeben.

An langen Ketten hängend, stellten sie früher eine Alternative zum teureren Speck, die das ganze Jahr vorrätig war. Heute sind "Peperoni Cruschi" aus der Ortschaft Senise ein herkunfgeschütztes Produkt, das in vielen regionalen Gerichten zu finden ist und auch Vegetarier begeistert.

Paprika gibt es über das ganze Jahr, im Sommer sind sie allerdings etwas günstiger. Bevor die Saison fast zu Ende geht lohnt sich der Versuch, ihren sommerlichen Geschmack einzufangen und für den Winter aufzubewahren. Mildere Sorten können im Ofen gegrillt, geschält, in Streifen geschnitten, mit ihrem Saft in Gläsern abgefüllt und im Tiefkühlschrank aufbewahrt werden.

Eine klassische Konserve der italienischen Oma-Generation, die über das ganze Jahr als Vorspeise oder Beilage auf den Tisch kam, war "Peperonata": rote, grüne und gelbe Paprika, mit Zwiebeln, Tomaten und Basilikum in Olivenöl angebraten, mit Salz und Essig abgeschmeckt und heiß abgefüllt.

Auch Chutneys und Konfitüren in verschiedenen Schärfen eignen sich, um Farbe und Aroma zu erhalten. Mit unterschiedlichem Schärfe- und Säuregrad begleiten sie hervorragend Käse und Fleischgerichte. Ein Klecks Chilikonfitüre zur dunklen Mousse au Chocolat kann uns sogar mit Herbst und Winter versöhnen!

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

Weitere Rezensionen