Christmas Cake - Black Cake © imago-images.de
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Ein karibischer Weihnachtsgenuss - Jamaican Christmas Cake

Lebkuchen und Christstollen sind hier bei uns Klassiker der Weihnachtszeit und zurzeit entsprechend allgegenwärtig. Dabei lohnt es sich, ein bisschen über den Tellerrand unserer kulinarischen Traditionen zu schauen, denn auch woanders gibt es typische Weihnachtskuchen, die absolut mit unseren Weihnachtsspezialitäten mithalten können. Zum Beispiel der Jamaican Christmas Cake - auch Black Cake genannt.

Ein Weihnachtskuchen aus der Karibik. Wie sieht er aus - und vor allem: wie schmeckt er? Er ist dunkel, gehaltvoll, würzig, auch etwas alkohollastig, wobei es notfalls auch alkoholfrei geht, mit Apfelsaft statt Rum und Wein.

Karibische Antwort auf den Plum Pudding

Der Black Cake ist sozusagen die karibische Antwort auf den britischen Plum Pudding, zu dem traditionell gemischte Trockenfrüchte gehören. Nicht nur Pflaumen, sondern Dörrobst allgemein, das lange im Brandy eingeweicht wird. Er ist der Weihnachtskuchen schlechthin - spätestens seit der viktorianischen Zeit, der Zeit Queen Victorias, Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts. Plum Pudding wird daher auch in "A Christmas Carol" erwähnt, der bekannten Erzählung von Charles Dickens, als der Kuchen, den sich jede Familie leisten musste - ob reich oder arm, um Weihnachten würdig zu feiern. Er ist noch heute sehr beliebt.

Wie der Kuchen in die Karibik kam

Die Briten wollten auch in ihren Überseekolonien, u.a. in der Karibik, Weihnachten so wie zu Hause feiern, und haben ihre versklavten Hausangestellten gezwungen, ihn zu backen. Zucker gab es ohne Ende, die meisten Sklaven mussten ja auf den Zuckerplantagen arbeiten. Die Bäcker oder Bäckerinnen wider Willen haben dann den Kuchen mit den Zutaten gebacken, die lokal zur Verfügung standen. So ist aus dem Plum Pudding der Jamaican Black Cake geworden: mit braunem Zucker und nach Karamell schmeckender Melasse, mit Dattel- und Zitrusnoten, ganz viele Gewürzen wie Vanille, Muskat, Zimt und Nelken und einer Menge Rum. Rum ist aus Zuckerrohr - und das Besondere bei dieser tropischen Variante ist, dass das in Rum eingeweichte Trockenobst püriert wird, so dass die Textur sehr fein ist, zugleich aber sehr saftig.

Bäckerin Emily Dickinson

Eine Bekannte, die in den USA gelebt hat, hat den Black Cake gebacken und zu einem Treffen mitgebracht. Sie erzählte, dass der Kuchen auch in den USA sehr beliebt ist. Schon zu Zeit von Emily Dickinson, also um 1850, soll jede Familie Black Cake gebacken haben, und auch Emily Dickinson selbst, damals noch nicht als Dichterin bekannt, soll diesen Kuchen in großen Mengen gebacken haben: Von ihr ist noch ein handgeschriebenes Rezept erhalten: für 10 Kilo Black Cake! Das hat sie sicher nicht allein gemacht, sondern mit Hilfe ihrer schwarzen oder irischen Hausangestellten. Mit dem Kuchen hat sie dann Freunde und Bekannte beschenkt - obwohl sie sehr wenige soziale Kontakte gepflegt haben soll. Briefe, die oft Gedichte - und Black Cake - enthalten haben sollen, waren wohl das Kommunikationsmittel ihrer Wahl.

Jedenfalls gibt es am Dickinsons Geburtstag, dem 10. Dezember, in den USA Black Cake-Wettbewerbe auf Grundlage ihres Originalrezepts, das sich wie ein Gedicht liest.

Ein ziemlich betrunkener Weihnachtskuchen

Es ist etwas aufwendig, Jamaican Christmas Cake selber zu backen. Dörrobst und kandierte Früchte sollten lange in Likörwein und Rum ziehen, mindestens eine Nacht lang, am besten ein ganzes Jahr! Die Mischung wird dann fein püriert und samt Gewürze und Melasse mit den anderen Zutaten zu einem Rührteig verarbeitet. Das Besondere: der Kuchen wird traditionell nicht im Ofen gebacken, sondern im Wasserbad gegart. Ein Topf Wasser im Ofen, direkt unter der Backform, scheint aber auch zu funktionieren - der Kuchen soll halt nicht trocken werden. Er muss dann mehrere Tage ruhen, damit die Konsistenz fester wird und sollte am besten in ein mit Rum getränktes Tuch gewickelt werden.

Der Black Cake sollte dann mehrere Tage ruhen - einige empfehlen fünf Wochen. Am besten in einTuch gewickelt, das mit Rum benässt wurde, und immer wieder mit Rum gesprüht werden. Ein ziemlich betrunkener Weihnachtskuchen!

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

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