Sfrappole – italienisches Karnevalsgebäck; © imago-images.de
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Geschmackssache - Ausnahmslos ausgebacken: Faschingsgebäck

Karneval: der Name deutet ursprünglich auf die Fastenzeit hin, in der sich Christen für 40 Tage vom Fleischgenuss verabschieden sollten. Dabei sahen die meisten Leute früher Fleisch sehr selten auf ihrem Tisch. Dafür durfte alles, was sich als Faschingsspezialität etabliert hat, in Öl oder Fett schwimmen. Noch heute sind frittierte Spezialitäten wie Mutzemandeln, Krapfen oder italienische Spezialitäten wie Sfrappole und ihr polnisches Pendant Faworki unverzichtbare Begleiter der Faschingszeit.

Carnem levare, "auf Fleisch verzichten": So lautet in etwa der lateinische Ausdruck, der Karneval seinen Namen gibt. Auf Fleisch verzichten, war allerdings für die meisten Menschen früher nichts Außergewöhnliches. Fleisch war früher teuer und damit eher etwas für Reiche, vor allem in den Städten. Auf dem Land hatten Bauern immerhin Nutztiere, aber bei denjenigen, die Anfang des Winters ein Schwein geschlachtet hatten, gingen Ende Januar langsam die Vorräte zu Ende.

Insgesamt waren Februar und März früher in Europa die härtesten Monate im Jahr, da die Hühner keine Eier legten, die Tiere noch keinen Nachwuchs hatten und für die Produkte der Erde war es noch zu früh. Kein Wunder, dass ausgerechnet die 40 Tage vor Ostern, die meist auf den Beginn des Frühlings fallen, für die christliche Fastenzeit ausgewählt wurden.

Schmalzgebäck in allen Varianten

Davor durfte es aber jeder auf seinerArt "krachen" lassen: Wohlhabende mit Fleisch und allerlei Delikatessen, Menschen aus dem Volk mit kalorienreichen Spezialitäten, meist in Fett oder Öl gebraten. Am "schmutzigen Donnerstag" durften Schlachter zum letzten Mal vor der Fastenzeit schlachten: Das dadurch gewonnene Fett musste unbedingt noch vor Aschermittwoch aufgebraucht werden. Dafür eignete sich Schmalzgebäck in allen Varianten.

Kalorien brauchte man damals mehr als heute und Fett verstärkt selbst den Geschmack bescheidener Speisen. Meist wurde Schweineschmalz zum Frittieren verwendet, selbst im Süden, wo auch Olivenöl zur Verfügung stand. Daher die allgemeine Bezeichnung "Schmalzgebäck", obwohl heutzutage Bäckereien meist zum "mehrheitsfähigeren" Butterreinfett oder zum Pflanzenfett greifen. Während Schmalz und Butterreinfett dem Gebäck weichere Konsistenz verleiht, eignet sich hitzebeständiges Raps-, Sonnenblumen- oder Rapsöl besonders gut für Knuspriges.

Weich oder knusprig, aber immer süß

In Deutschland sowie in anderen Ländern ist die Auswahl an Faschingsgebäck beinah endlos, wobei es oft um ähnliche Spezialitäten geht, die unterschiedliche Namen tragen. Aber bei aller Vielfalt der Formen und der regionalen Unterschiede, teilt sich das Universum des Faschingsgebäcks in zwei Grundsorten: weich aus Hefeteig und knusprig, mit etwas oder ganz ohne Backpulver.

Ähnliche knusprige Teigstreifen finden sich in Italien (Sfrappole, Chiacchiere) genauso wie in der Provence (Oreillettes), in Polen (Faworki) und in Baden (Badische Scherben und Rheinische Mutzen). Bei den runden oder den etwas dickeren Formen unterscheiden sich wiederum weiche, fluffige Kreationen aus Hefeteig (Krapfen, Berliner, Kreppel, Fassnachtkuchle, Nonnenfürzle, sardische Zéppole) von kleinem und knusprigem Gebäck ohne oder mit nur etwas Backpulver im Teig (Mutzenmandeln, Castagnole, neapolitanische Struffoli).

Tagliatelle fritte – italienisches Karnevalsgebäck; © imago-images.de/Nico TondiniTagliatelle fritte |

Karamellisierte Nudelnester

Viele geben in den Teig etwas Schnapps, da alkoholhaltiges den Teig etwas knuspriger machen soll. Jedenfalls wird ausgebackenes Faschingsgebäck mit Zucker oder Puderzucker bestreut, selten auch mit Honig beträufelt, und teilweise noch warm gegessen. Eine Ausnahme sind die Tagliatelle fritte aus Bologna: karamellisierte Nester als frittiertem Teig. Ursprünglich aus übrig gebliebenem Nudelteig hergestellt, ist ihr Rezept heute etwas anspruchsvoller: In den Teig kommen Backpulver und Milch, und vor dem Einrollen wird der Teig mit einer Farce aus Zitronenzesten, Zitronensaft, Zucker und Saatöl verteilt. Da der Zucker im heißen Öl schnell dunkel wird, müssen die Nester sehr schnell gewendet und ebenso zügig herausgeholt werden.

Die für Unerfahrene etwas komplizierte Prozedur lässt sich umgehen: Italienische Bäckereien bieten in diesen Tagen diese und andere Spezialitäten tagesfrisch an – das schont die heimische Küche vor hartnäckigem Frittiergeruch.

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

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